Finanzen in den Griff bekommen: Interview mit Anette Weiß

Finanzen in den Griff bekommen

Wenn es um die Anlage unseres Geldes geht, vertrauen die meisten Deutschen immer noch ihren Banken und Anlageberatern und sich mit den zahlreichen Möglichkeiten auseinandersetzen tun nur die Wenigsten. Die eigenen Finanzen in den Griff bekommen, ist aber eine wichtige Grundlage, wenn du dein Geld selbstbestimmt anlegen möchtest. Anette Weiß hilft Interessierten in ihren Online-Kursen, ihre Finanzen besser zu verstehen. Wir haben sie getroffen und interviewt: Was sie an der traditionellen Bankenbranche kritisiert und warum die Deutschen sich mit dem Geld so schwer tun, erfährst du in diesem Blogartikel.

Die Deutschen und ihr Geld

Das mit dem Geld ist in Deutschland so eine Sache. Jeder hat gerne ausreichend davon, aber nichtsdestotrotz gilt der altbekannte Spruch „Über Geld spricht man nicht und sparen bringt ja nix“. Dementsprechend mau steht es auch um die Finanzbildung der Deutschen. Nur die wenigsten kennen sich wirklich mit ihren Finanzen aus. Und deswegen bleibt uns nicht anderes übrig, als Bankern, Anlageberatern & Co. zu vertrauen. Dass dabei die Verkaufsabsicht oft höher wiegt als eine unabhängige Beratung, ist wohl jedem von uns klar.

Auch Anette Weiß war lange im Bankengeschäft tätig. Doch sie ärgerte sich darüber, dass Umsätze und Gewinne in der Branche oft über das Wohl des Kunden gestellt werden. Deswegen entschied sie sich dafür, ihrem Job bei einer Bank den Rücken zu kehren und sich mit ihrem Knowhow selbständig zu machen. Seitdem bietet Anette Weiß Online-Kurse und Coachings rund um das Thema Finanzbildung an. Ihr Ziel ist es, Menschen das Wissen mit auf den Weg zu geben, das sie für selbstbestimmte Entscheidungen rund um ihre finanzielle Zukunft benötigen.

Wir finden: eine tolle Sache! Deswegen haben wir mit Anette Weiß gesprochen. Im Interview erzählt sie ihre Geschichte und erklärt, warum wir Deutschen so ein ambivalentes Verhältnis zu Geld haben. Außerdem erfährst du, welche Tipps Anette Weiß Frauen gibt, die durch die Familiengründung häufig Gehaltseinbußen einstecken müssen und wie man besser sparen kann.

Viel Spaß beim Lesen!

Finanzen in den Griff bekommen – Interview mit Anette Weiß

Anette, du verkaufst seit 2010 mit deiner geld.wert finanzbildung GmbH Kurse, Coachings und Beratungen zur finanziellen Persönlichkeitsentwicklung. Was war der Auslöser, aus einer vermeintlich sicheren Festanstellung im Bankenwesen in die Selbstständigkeit zu wechseln?

Obwohl meine Bankkarriere nichts zu wünschen übrig ließ, reifte in mir immer mehr der Widerwille gegen die Verkaufspraktiken und Verhältnisse im etablierten Bankgeschäft heran: Wann und wohin hatte sich der echte Dienstleistungsgedanke verabschiedet? Wieso steht über jede Anstandsgrenze hinaus der Umsatz und der Gewinn im Vordergrund? Warum nutzt die Bank die Macht, die sie durch das Vertrauen des Kunden genießt, so gnadenlos aus?

Am Ende habe ich einfach den Glauben verloren – und damit auch die Grundlage, meine Arbeitskraft und Kompetenz für die Bank einzusetzen. Ich wusste, wie es besser gemacht werden kann, also habe ich es besser gemacht.

Wie schaffst du es seither, die Familie und deine Selbständigkeit unter einen Hut zu bringen und vor allem dich selbst dabei nicht zu verlieren?

Es ist vielmehr andersherum – ich habe mich selbst gefunden. Wenn du weißt: Das was du tust, ist genau das, was wirklich gebraucht wird – trägt dich dieses Wissen durch viele Schwierigkeiten hindurch.
Mein Mann hat meine Entscheidung von Anfang an mitgetragen und mich nach Kräften unterstützt. Natürlich war es auch hilfreich und beruhigend, dass er in einer Festanstellung glücklich ist und wir so zumindest niemals Angst haben mussten, dass wir unsere Kinder nicht groß bekommen.

Finanzen in den Griff bekommen
Im Interview: Anette Weiß von geld.wert finanzbildung GmbH

Es war zwar nicht einfach (und sehr, sehr teuer) mit einer Idee an den Markt zu gehen, deren Zeit erst jetzt so richtig beginnt – aber ich darf heute täglich erleben, was es bewirkt, wenn man die Bildung VOR die Beratung stellt. Ich sehe, welch positiven Einfluss es auf meine Kunden hat und wie gut es ihnen und mir damit geht.

Und was unsere Kinder betrifft… ich glaube, sie sind auch ein bisschen stolz auf ihre Mutter, die zwar wenig Zeit und Kopf dafür hatte, mit ihnen ins Schwimmbad zu gehen, dafür aber dabei ist, die Welt zu verändern. 😉

Viele Menschen haben zum Thema Geld eine zwiespältige Beziehung. Sie benötigen es zwar, aber finden es auch nicht wirklich angenehm, es zu besitzen. Negative Glaubenssätze wie „Geld verdirbt den Charakter“  sorgen dafür, dass sie es für unangebracht halten, nach Geld zu streben. Wie sind deine Erfahrungen dazu?

Unsere Beziehung zum Geld ist in unserem Kulturkreis schon von Kindesbeinen an ambivalent, nicht zuletzt deshalb, weil auch unsere Eltern schon mit dieser Ambivalenz großgezogen wurden. Also prägt unser Elternhaus, unsere direkte soziokulturelle Umgebung, die ganze Gesellschaft und die Politik unser Verhältnis zu und unser Verhalten mit Geld.  Es kommt mir manchmal so vor, als spielten wir eine Rolle in einem Theaterstück, ohne dass uns jemand das Drehbuch zu lesen gegeben hätte…
Der Schlüssel zu diesem Drehbuch ist aber tatsächlich das Wissen um die ökonomischen Zusammenhänge, die unsere Welt bestimmen – also die Finanzbildung.

So wie jeder Schauspieler seine Rolle in einem Theaterstück erarbeiten muss, müssen wir selbst erarbeiten, wie wir mit einem der anderen Hauptdarsteller, nämlich dem Geld in all seinen Facetten und Ausprägungen, umgehen wollen. Und um zu entscheiden, wie ich mit jemand anderem umgehen will, muss ich nicht nur wissen, wie der andere funktioniert, wie er tickt, welchen Gesetzmäßigkeiten er folgt und wie er sich berechnen lässt – ich brauche die gleichen Informationen auch über mich selbst.

Viele Frauen haben meist durch ihre Kinder mit Gehaltseinbußen zu rechnen, da nach wie vor sie es sind, die in Teilzeit arbeiten oder ganz zu Hause bleiben. Was rätst du Frauen zur Altersvorsorge bzw. was ist aus deiner Sicht der erste, wichtige Schritt?

Der erste Schritt ist natürlich, sich ernsthaft mit der Thematik auseinanderzusetzen – und zwar nicht nach dem Motto „Ich habe halt das Pech, so wie viele andere auch. Ist das nicht ungerecht?“ sondern im Hinblick und dem Vertrauen darauf, Lösungen zu finden.

Wenn ich irgendetwas in den 28 Jahren Menschen- und Finanzarbeit gelernt habe, dann, dass es immer Möglichkeiten gibt, die eigene Situation positiv zu beeinflussen. Lösungsorientiertes Denken ist leider auch nichts, was wir schon von klein auf gelernt hätten, auch das ist ein Prozess, der sich aus der Erweiterung des eigenen Horizonts ergibt.

Also ist mein allererster Rat für Frauen, die sich noch über die Ungerechtigkeit der Welt grämen – und ja, die Welt ist diesbezüglich ungerecht, unser System ist (noch) so und Frauen bekommen nun einmal die Kinder –, sich umzuschauen, wie andere Frauen an dieses Problem herangehen. Noch bevor wir uns über Ausgleichszahlungen vom Kindsvater oder Produkte wie Riester oder Sparplan-ETFs unterhalten, geht es darum, den Stier bei den Hörnern zu packen und ihm ohne Angst tief in die Augen zu schauen.

Du arbeitest ehrenamtlich bei „Geldlehrer e.V.“. Wer ist Geldlehrer e.V. und was ist deine Motivation, dort mitzuwirken?

Oh je, darüber könnte ich einen stundenlangen Vortrag halten! Ich mache es mal ganz kurz:
Geldlehrer e.V. ist ein Verein, in dem sich Finanzprofis – vom Verbraucherschützer über den Banker bis zum Versicherungsvertreter – zusammengeschlossen haben, um unserer Jugend einen Teil der Finanzbildung zu vermitteln, die wir alle gerne schon in der Schule gelernt hätten. Es geht darum, mit Geld zu rechnen, Fragen stellen zu lernen, zu wissen, wie unser Rentensystem funktioniert und was Inflation für jeden einzelnen bedeutet usw.

Dieser Geldunterricht wird von den aktiven Vereinsmitgliedern ehrenamtlich geleistet, erstreckt sich über mindestens 22 Schulstunden und darf natürlich niemals für eigennützige Zwecke missbraucht werden. Unser Ziel ist es, dass unsere Geldschüler später aufgeklärte, aufgeweckte und kritische Verbraucher werden.

Vielen Dank für dieses Interview und die spannenden Einsichten, Anette!

 

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Ein Kommentar

  1. Vielen Dank für dieses informative, aufklärende Interview mit Anette Weiß, die genau weiss, wovon sie spricht. Ich finde, es wäre an der Zeit, dass die Kinder bereits in frühen Jahren das Thema Geld – Finanzen – Vermögen – Banken – Zinsen etc. vermittelt bekommen. Das es den Verein Geldlehrer e. V. gibt ist neu für mich und finde ich sehr gut. Die Glaubenssätze bezüglich Geld sind wirklich ambivalent, das kann bzw. konnte ich bei mir feststellen. An der Verbesserung arbeit ich immer noch. Finanzbildung gehört genauso wie soziale Bildung, Kooperation und gegenseitige Hilfestellung zu den Grundlagen einer besseren „Schul- und Berufswelt“.

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